Zum Inhalt:
„Ein bisschen Psychiatrie schadet nie“, oder auch „Es gibt Menschen mit
und ohne Diagnose, aber bekloppt sind wir alle“. Das sind die Leitsätze
der Comedy-Autorin Romy Fischer. Krank sein und gleichzeitig lachen
können? Das geht! Romy Fischer berichtet zum ersten Mal in ihrem Leben
öffentlich von ihrer Panikstörung und den Folgen: wie sich ihr Leben
dadurch veränderte, und wie unterschiedlich Menschen darauf reagieren,
sobald sie von der Erkrankung der Autorin hören. Gleichzeitig sagt sie
aber auch: „Wenn man das Leben nicht mit Humor nimmt, dann frisst das
Leben einen auf.“ Und genau so verarbeitet sie ihre Erfahrungen in
diesem Buch – mal ein wenig selbstironisch, mal böse sarkastisch, mal
etwas verspielt. Sie will zum einen aufklären, über eine Erkrankung,
deren Verbreitung mittlerweile großflächiger ist, als wir alle denken –
nur die wenigsten outen sich – sie will Betroffenen Mut machen, und sie
will ihre Erkrankung anderen Menschen gegenüber nicht länger vertuschen.
Ein „Outing“ der ganz besonderen Sorte: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt
sich's völlig ungeniert!
Mein Senf zum Buch:
"Willkommen in der Welt der Gestörten - sie ist nun mal nicht immer fair!" (S. 10)
Romy Fischer leidet unter Panikattacken. Jemand, der so etwas noch nie erlebt hat, kann nur schwer nachvollziehen wie sehr Panikattacken das eigene Leben einschränken und sich im Ernstfall auswirken können. Ich glaube meine Oma würde sagen: "Sowas hat's bei uns früher nicht gegeben!". Ich bin sicher, dass meine Oma harte Zeiten hinter sich hat. Bei uns muss wenigstens niemand mehr hungern, trotzdem wird uns in der heutigen Zeit einiges abverlangt.
"Eine Frau in der heutigen Zeit gebärt ihre Kinder gefälligst mitten in einer Vorstandssitzung, während sie gleichzeitig die Buntwäsche erledigt, ihrer Familie ein drei Gänge Menü zaubert, sich die Fingernägel lackiert (die Weiblichkeit darf selbstverständlich nicht auf der Strecke bleiben), mit ihren Kindern die Hausaufgaben macht, ihren Mann bespaßt, immer gut gelaunt ist, zu den Elternabenden geht, für Los Wochos in der Schule Kuchen backt, den Haushalt schmeißt, den Garten bepflanzt, die Krankenschwester und Familienpsychiologin spielt, einen Vollzeitjob mit links erledigt und bestenfalls zusätzlich auch noch auf Freiwilligenbasis im Altenheim Geschichten vorliest." (S. 17,18)
Zum Glück hat sich die Autorin dazu entschlossen, uns Leser an dem ungewöhnlichen Leidensweg teilhaben zu lassen. So haben wir die Chance, sie in alltäglichen Situationen zu erleben, wie zum Beispiel beim Einkaufen, in denen sich von einer Sekunde zu anderen eine Panikattacke ankündigt. Im Umfeld befindliche Personen haben keine Ahnung was in diesem Moment in ihr vorgeht, wie verzweifelt sie innerlich dagegen ankämpft und am Ende oft doch klein bei geben muss.
Sie beschreibt diese Zustände herrlich ironisch und sarkastisch und beweist jedes Mal aufs neue, dass sie über sich selbst lachen kann. Auch wenn es für sie selbst sicherlich schreckliche Erlebnisse waren und man als Leser wirklich mit ihr mitfühlt, ist es humortechnisch ein absoluter Genuss.
Wenn Romy Fischer zum Rundumschlag ausholt, dann bekommen nicht nur Freunde und Eltern ihr Fett weg, sondern auch Modern Talking und Justin Bieber. Einfach köstlich! Aber bei allem was sie so vom Stapel lässt, bleibt sie stets herzlich.
"Zwei Weltkriege, ein bayerischer Papst, Angela Merkel, und jetzt das! PSYCHIATRIE." (S. 84)
Weiterhin erzählt sie uns von ihrem Aufenthalt in der Psychiatrie, von zunächst fragwürdigen Therapiegruppen und unfreiwilligen Mit-Irren. Das ist auch der Punkt, an dem sie erkennt, dass man ohne Humor in unserer Welt einfach untergeht, egal ob bekloppt mit oder ohne Diagnose.
In dieser Zeit schafft sie es, sich ihr eigenes Waffenarsenal zusammenzustellen, mit dem sie gegen ihre Panikattacken angehen kann. Nicht immer mit Erfolg.
Fazit:
Ich mag Menschen, die über sich selbst lachen können und ganz besonders mag ich den Humor von Romy Fischer. Ein Hoch auf die Selbstironie!
Für mich selbst nehme ich mit, dass jeder auf seine Art bekloppt ist und es manchmal besser ist bei unserem Lebenswahn (höher, weiter, schneller, besser, schöner, reicher) ab und zu mal inne zu halten, durchzuatmen und herzhaft zu lachen.
Dank ihr bekomme ich jetzt mindestens einmal die Woche automatisch eine kleine Lachtherapie, nämlich immer dann, wenn mich die Verkäuferin an der Kasse fragt, ob ich Punkte sammele =)
Absolut empfehlenswert! Ich werde nun erstmal all ihre anderen Bücher lesen =)
5 von 5 Sternen