Auf einer Skala von 1 bis 10 von Ceylan Scott

Anja Druckbuchstaben | 20 Juni 2019 |


Erschienen am 31.05.2019 | 256 Seiten | 15,00 € | ab 14 Jahren 
Ceylan Scott | Carlsen - Chicken House


Infos zum Inhalt

Iris ist tot. Und Tamar sitzt in Lime Grove, einer geschlossenen Jugendpsychiatrie, wo sie den ganzen Tag lang sinnlose Fragen beantworten soll. Wie fühlst du dich, auf einer Skala von 1 bis 10? Du weißt schon, dass du dich nicht normal verhältst? Was genau ist eigentlich passiert? Aber Tamar sagt nichts. Sie kann einfach nicht erzählen, was mit Iris geschehen ist. Das Monster lässt es nicht zu. (Quelle: Carlsen - Chicken House)


Senf


"Wenn du den Kopf gegen die härteste Oberfläche knallst, die du finden kannst, werden die bösen Gedanken in deinem Hirn dermaßen durchgerüttelt, dass es eine Weile braucht, bis sie wieder zusammenfinden." (S. 38)

Tamar hat psychische Probleme. Sie ritzt sich, leidet unter Panikattacken und bösen Gedanken. Mit der Einlieferung in die Psychiatrie und den regelmäßigen Sitzungen, brannte ich darauf, mehr über diese Krankheit zu erfahren. Doch das gestaltet sich etwas schwierig. Tamar ist nicht wirklich offen für eine Behandlung. Anstatt den Problemen ernsthaft auf den Grund zu gehen, erscheint das Buch zunächst wie ein jugendlicher Roadtrip mit Tamar und weiteren jugendlichen Insassen in der Hauptrolle.
Ab ungefähr der Hälfte des Buches, ändert sich jedoch die Stimmung. Die Beschreibungen werden deutlicher und schonungsloser. Immer wieder geht es um Selbsthass, böse Gedanken, Selbstmord und Selbstverletzungen.

"Weiterleben, nachdem du versucht hast dich umzubringen, ist seltsam." (S. 158)

Obwohl Tamar die Hauptfigur in diesem Buch ist und ich immer darauf aus war, zu erfahren, was genau ihr Problem ist, habe ich sie die meiste Zeit wie durch einen Nebel wahrgenommen. Als Erzählerin der Geschichte tritt sie oft in den Hintergrund. Dadurch hatte ich den Eindruck, viel mehr über die anderen Jugendlichen zu wissen als über Tamar selbst.
Von Elle habe ich beispielsweise ein sehr klares Bild vor mir, trotz oder gerade wegen ihrer sehr komplexem Krankheit.

Im Verlauf des Buches gibt es immer wieder Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Diese fand ich sehr gelungen.

"Das  Monster", das Tamar so quält, hat für mich nie so richtig Form angenommen. Das fand ich etwas frusiteriend. Am Ende erwartet Tamar und den Leser zwar ein Lichtblick, aber den Weg dorthin hätte ich gerne etwas mehr beleuchtet gehabt.
Abschließend nagt das Gefühl an mir, dass letztlich doch jeder für sich alleine kämpft. Man kann sich zwar Unterstützung suchen, aber schaffen muss man es ganz alleine. Dazu gehören unter Umständen viele Medikamente und eine Vielzahl frustrierender Gespräche mit Psychiatern.




Fazit

Dies war für mich ein interessanter, wenn auch sehr aufwühlender Ausflug in den Alltag von psychisch kranken Jugendlichen. Was zwischendurch wie ein jugendlicher Roadtrip erscheint, geht sehr schnell und sehr heftig in Richtung Selbstverletzung und Selbstmordgedanken. Auch wenn ich gerne mehr über "das Monster" und den Heilungsprozess erfahren hätte, konnte mich die Autorin durchweg fesseln.
Das ist keine dieser Geschichten, die man mit einem Lächeln am Ende zuklappt und sich danach ruhigen Gewissens schlafen legt. Die Autorin lässt einen nicht so schnell vom Haken. Das Buch hat mich mehr aufgewühlt als geplant.  





(4 von 5 Punkten)



Vielen Dank für das Rezensionsexemplar an Carlsen - Chicken House!







6 Kommentare:

  1. Huhu Anja,

    da ich ja selbst mit psychisch Kranken arbeite, fallen mir solche Geschichte schon immer gleich ins Auge. Auch hier war das der Fall, aber nachdem ich das letzte das in die Richtung ging, nämlich Wicker King so schlecht fand, hab ich mich noch nicht wirklich ran getraut.
    Aber schön, dass es dir gefallen hat, deine Beschreibung dazu klingt aber auch schon fast eher so, als würde es mir nicht wirklich gefallen...

    Liebe Grüße,
    Steffi vom Lesezauber

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    1. Hi Steffi =)

      In diesen Fällen weiß ich nicht, was besser ist: Dass man selbst eine genaue Ahnung von Personen mit diesen Krankheiten hat oder aber völlig ahnungslos an solche Geschichten herangeht. Ich glaube man sieht diese Bücher aus völlig verschiedenen Blickwinkeln. Meinerseits auf jeden Fall eine Empfehlung =)

      LG
      Anja

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  2. Hallo Anja,

    das klingt nach einer ziemlich krassen Thematik. Allerdings auch ein bisschen so, als würde Psychiatrie wieder ein mal relativ stigmatisierend ("gefängsnisähnlich", herbalassende verschrobene Angestellte usw.) dargestellt, und ich fände es manchmal auch ganz schön, wenn es mehr Bücher gäbe, die Psychiatrien normaler und hilfreicher darstellen und näher an der Realität dran sind. Wobei ich natürlich nach der Leseprobe auch nicht beurteilen kann, inwieweit das einfach nur Tamars Eindruck oder die Message des Buches ist. Auf jeden Fall aber eine gut geschrieben Rezension!

    Liebe Grüße
    Dana

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    1. Huhu Dana,

      das hast du super in Worte gefasst und genau meine Befürchtung dazu getroffen!

      Liebe Grüße,
      Steffi

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    2. Hallöchen Dana und Steffi =)

      aus dem Buch heraus bleibt für mich ganz klares Fazit, dass es der Eindruck von Tamar ist. Und das passt für mich auch, denn sie ist ja anfänglich wie beschrieben nicht wirklich zugänglich und kann den Behandlungsmethoden nichts Positives abgewinnen. Für mich als Leserin selbst, bleibt da allerdings schon ein leichter Beigeschmack. Das Konzept an sich, das hier thematisiert wird, schneidet nicht ganz so gut ab.

      LG
      Anja

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  3. Hallo Anja,

    das Buch möchte ich auch unbedingt noch lesen. Irgendwann werde ich hoffentlich dazu kommen. Deine Rezension dazu gefällt mir sehr gut. Ein sehr ernstes Thema, das hier besprochen wird. Aber ich finde manchmal muss man auch mal solche Bücher lesen die nahe an der Realität sind.

    Liebe Grüße
    Sabine

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